Skippertraining KAT 2010
Day & Night 2010
Törndaten:
- AUTOR: Dr. Norbert Promberger
- SKIPPER: Helmut Knipp
- YACHT: Lagoon 410
- SCHIFFSNAME: Day & Night
- AUSGANGSBASIS: Marina Dalmacija - Sukosan bei Zadar
- TERMIN: 21.04. - 23.04.2010
- VERCHARTERER: Yachting 2000
Ich kann (k)einen Katamaran fahren...
Ein Erlebnisbericht, Bilder vom Verfasser
Meine Stammcrew knallte mir die (Heraus-)Forderung auf den Tisch. „Skipper, wir wollen den nächsten Törn auf einem Katamaran fahren!"
Einen Kat zu fahren, hatte mich schon seit Langem gereizt. Also meldete ich mich nach dreißig Jahren Segeln auf Einrumpfbooten zu einem Skippertraining auf einem Katamaran an.
Das Training
Auf dem Katamaran treffen sich: Helmut, Skipper mit weißem Schnurrbart. Er ist der Älteste und überzeugt von Anfang an durch klare Kommandos, konsequente Durchsetzung, Eselsgeduld und seine Kochkünste (siehe später). Das von ihm verhängte Alkohol- und Rauchverbot an Bord bringt ihm bei mir weitere Pluspunkte.
Die Teilnehmer: Kati und Klaus, Bernhard , Hans, ein zweiter Hans. „Hans eins“ und „Hans zwei“ ist dem Skip zu umständlich. Er tauft den zweiten in „Werner“ um. Dessen Gesichtsausdruck signalisiert nicht gerade Begeisterung Aber er protestiert nicht. Weiterer Teilnehmer: ich. Durchschnittsalter geschätzt: 40 Jahre. Die Abfrage der Segelerfahrung zeigt das volle Spektrum. Vom Anfänger bis zum alt-erfahrenen Segler ist alles vertreten. Anfangseindruck: sympathisch.
Meine Vorstellung „ich weiß und kenne eigentlich schon alles" muss ich schleunigst revidieren. Vieles ist beim Kat anders als beim Monohull. Der Anker braucht einen Hahnepot, damit das Boot ruhiger liegt.

Anker-Hahnepot
Der Skip demonstriert den Erfolg mit den Kompasswerten des schwoienden Bootes. Warum gibt es auf einem Kat keinen Spinnackerbaum? Weil der breite Bug genügend Fußpunkte bietet. Die Ruder des Kat sind vergleichsweise klein. Deshalb werden Hafenmanöver mit festgelegtem Ruder, nur mit Motor gefahren, z. B.: Drehen auf der Stelle.
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Der Skipper setzt eine Nachtfahrt an. Für die Anfänger ist dieses Angebot besonders attraktiv. Ich kenne die Strecke bei Tag und Nacht, so dass ich mich etwas zurücklehnen kann. In den nächsten Stunden passieren wir etwa 20 Leuchtfeuer. Ich höre gelangweilt zu, wie Helmut doziert. Dabei vernehme ich "Navigatorisches", das ich eigentlich schon längst hätte wissen müssen. (Ich sage nicht, was das war, ich muss mich nicht blamieren.)
Lange nach Mitternacht strebe ich dem Hotel zu. Schlüssel habe ich keinen. Die Türe ist offen, vom Sofa neben der Rezeption steht der Manager auf. „Ihre Zimmernummer?“ „105!“ „Robert hat angerufen, dass Sie spät kommen." „Und Sie sind extra meinetwegen so lange aufgeblieben?!" Was für ein Service!
Die Stunden des Trainings vergehen wie im Flug. Die Manöver klappen immer besser. Der Skipper lobt die Erfolge und lässt jedem die Zeit, die der einzelne braucht. Es gibt keinen Druck, wer genug hat, kann beliebig aufhören. Am zweiten Abend serviert der Skip an Bord selbstgemachte Palatschinken und Rotwein. Beides mundet ausgezeichnet. Das Alkoholverbot wird dafür kurzzeitig aufgehoben. Wir genießen das Raumangebot des Katamarans und fühlen uns „sauwohl“.
Der Kat kann nichts dafür, dass ich mir immer wieder am Niedergang und am Sonnendach den Kopf anstoße. Hans „Werner“ erbarmt sich meiner, mit Memotechnik bringt er mir die Gefahrenstellen bei. Tatsächlich, das hilft! Die „Kopfnüsse“ gehen rapide zurück.
Den dritten Tag krönt Rasmus mit Jugo bis 28 Knoten. Infolge einer Wette schnipsele ich Früchte für einen Obstsalat. Unser verantwortungsvoller Skipper runzelt die Stirn. Er hat Sorge, dass ich mir in die Finger schneide. Nachdem er mir eine Zeit lang zugeschaut hat, wendet er sich beruhigt ab. Ein Blick aus dem Fenster macht mir bewusst, dass ich auf einer Yacht bei dieser Windstärke meine Finger nicht mehr riskieren möchte.
Einige Yachten versuchen mit uns Schritt zu halten. Bald liegen sie weit zurück. Wir sind das schnellste Schiff weit und breit. Bei einem Katamaran signalisiert keine Schräglage dem Skipper, wann er zu reffen hat. Als die Windanzeige 22 kn übersteigt halten wir uns an die Vorschrift.
Die Refftabelle gibt genau vor, um wie viel die Segelfläche zu verkleinern ist. Rollgroß und Rollgenua lassen sich problemlos bedienen. Am Schluss sind wir das einzige Segelschiff auf dem Wasser. Der gnadenlose Zeiger der Uhr schickt uns ans Ufer. Im Hafen teilt der Skipper die Zeugnisse aus: „erfolgreich teilgenommen“. Schade, dass das Training schon vorbei ist, ich wäre mit dieser Besatzung gerne noch länger gefahren. Im Rückblick stelle ich fest, dass während der ganzen Zeit kein ungutes Wort gefallen ist.
Fazit:
- Wer vom Einrumpfboot auf einen Katamaran umsteigt, ohne eine Schulung zu machen, ist selbst schuld.
- Dieses Skippertraining war eine rundum gelungene Sache.
- Ich habe soviel "nicht-katamaran-Spezifisches" zusätzlich gelernt, dass ich mir auf jeden Fall wieder einmal ein Skippertraining gönnen werde.
Fakten:
Skippertraining, 3 Tage Intensivkurs für Katamaran, 275,00 €, Treibstoffkosten zusätzlich anteilig (bei mir 40 Kuna = ungefähr 5,50 €)
Übernachtung: Hotel Belvedere, Sukosan/Kroatien, www.hotel-belvedere.hr
Skippertraining buchbar bei Sailornet Austria
Zusatz:
Die Aschenwolke des Vulkans brachte unseren Urlaubsplan durcheinander. Wir waren lange vor dem Katamaran-Training in Sukosan. Beim Frühstück im Hotel lockte das blaue Meer.
„Was unternehmen wir heute?“
"Am liebsten Segeln!"
„So kurzfristig kriegen wir kein Boot her.“
Der Stützpunktleiter (Sukosan, Kroatien) Robert am Telefon: "Wann soll `s denn losgehen?"
"So bald wie möglich!"
"Dann kommt in einer halben Stunde!"
Verblüfft packten wir unser Segelzeug, eine dreiviertel Stunde nach dem Telefonat war der Schreibkram erledigt. Die Übernahme der Dufour 36 dauerte eine weitere halbe Stunde! Schiff und Wetter zeigten sich von ihrer besten Seite. Erstes: picobello gepflegt, Zweites: Sonne und Bora bis 15 Knoten. Happy sailing!
So unkomplizierte Charter gibt ’s selten!
Der kleine/große Unterschied
zwischen Ein- und Mehrrumpfboot (erstellt mit Helmut Knipp)
Hafenmanöver werden bei fest geklemmtem Steuerrad mit beiden Motoren gefahren.
Faktoren, die die Manövrierbarkeit erschweren: zwei Rümpfe, die kleinen Ruder und die Breite des Kat, aus der ein großes Trägheitsmoment um die Hochachse resultiert.
Die Schrauben werden durch die schmalen Rümpfe seitlich nicht abgeschirmt. Die Gefahr, Murings oder deren Leinen zu fangen, ist hoch..Unsere Lagoon 410 war mit Saildrive-Antrieben ausgerüstet. Zwar sind dadurch die Schrauben eher tiefer angeordnet als bei einem konventionellem Wellenantrieb, das war aber kein Grund, leichtsinnig zu sein.
Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie Helfer, die guten Willens die Murings hochziehen wollen, sehr energisch stoppen müssen. Der Katamaran lässt sich, an den beiden Heckleinen fixiert, mit den Motoren tadellos stabilisieren. Dann kann Ihr Mann vorsichtig eine Muring aktivieren. Überprüfen Sie vor dem Ablegen alle Murings, es könnte sein, dass ein Nachbar sich so einen Schraubenfänger aus Ihrem Bereich geholt hat! Sie belegen ja zwei Liegepätze.
In der Regel fallen doppelte Hafengebühren an.
Beim Monohull signalisiert unter anderem die Schräglage, wann es Zeit zum Reffen ist. Beim Kat sind 45° Schräglage das Zeichen, dass Sie zu spät sind J. Sie müssen die Windstärke beachten.
Beim Am-Wind-Kurs gleicht der „Einrümpfler“ eine Bö durch Anluven aus. Beim Kat wäre die Erhöhung der Zentrifugalkraft fatal. Segel bzw. Traveller fieren!
Beim Halb-Wind-Kurs bringt Abfallen im Vergleichsfall mehr Stabilität.
Kommentar des langjährigen Kat-Fahrers Knipp: „… sagt die Theorie; musste das – Gott sei Dank – noch nicht austesten“.
Beim Ankern und an der Boje beruhigt ein Hahnepot die Lage.
Beim Wenden – auch bei geringem Wellengang – lässt man das Vorsegel back stehen, um besser mit dem Bug durch den Wind zu kommen. Die große Windangriffsfläche des Salons bremst den Kat in der Wende stark. Deshalb benötigt man eine relativ hohe Bootsgeschwindigkeit vor dem Wendemanöver. Auch die vergleichsweise geringe Masse trägt dazu bei, dass manches Wendemanöver „verhungert“.
Kurzvideo:
Zusatzinfo:
Der Autor dieses Törnberichts ist auch Romanautor des Tierarzt Roman's "Bömer" und Sie finden nachfolgend eine kurze Leseprobe sowie eine Rezension: